Fliegen Und Stechmücken
#1
Eines Morgens taumelten am Küchenfenster hunderte von Fliegen, Fleischfliegen. Solche Fliegen, die ihr Fleisch in ein dickes schwarzen Fliegenfell verwandeln und darauf warten, ihre Seele irgendwo als Ei abzulegen.

Ich war ratlos. Geübt pflückte ich sie mit dem Staubsauger ab. Aber schon am nächsten Morgen knallten wieder hunderte von dicken schwarzen Fliegen gegen das Fensterglas.

Was konnte das zu bedeuten haben?

Ich setzte mich zwischen die Fliegen und lauschte ihrem Gebrumm. Mir schien als könnte ich andauernd "Untersberg" verstehen. Dann begriff ich: Die Fliegen waren auf dem Weg zum Untersberg, aber irgendwas stimmte dort nicht. Der Untersberg als Wohnstatt der Seelen hatte irgendeinen Fehler, einen Makel. Deshalb stauten sich bei uns, im Voralpenland, die Fliegen und konnten nicht bis zum Untersberg gelangen.

Wenn der Untersberg die Seelen nicht mehr beherbergt, dann ist das Gleichgewicht der Welt in Gefahr.

Ich fragte die Fliegen, was zu tun sei. Sie summten und brummten um meinen Kopf, im Versuch an mein Gehirn heranzukommen. Meine Haut bewährte sich mal wieder als Schutzschicht, denn suchende Fliegen sind unberechenbar und fast unbesiegbar. Zu dem können sie Fliehende bis zu einer Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometern verfolgen, so daß es kaum möglich ist, sie loszuwerden, außer, wenn es gelingt, sie in den Untersberg zu locken.

Berg der Seelen, Berg der Toten. Während es noch Menschen gab, die Karten spielten, mußten wir einen kleinen Koffer packen. Die Reise war von behördlicher Seite angeordnet.

Täuschte ich mich, oder begannen die Fliegenseelen Sympathie für meine irrlichterne Geschäftigkeit zu entwickeln?

Geier kreisen lachend über meinem unruhigen Schlummer, die Fliegen auf mir und unter sie hatten sich Mücken gemischt, die auf meinen Adern mitreiten wollten.

Ein schöner Berg dieser Untersberg mit seinen Toten. Ein schöner Berg dieser Untersberg, mit seinen Totenmasken und seinen Gralsgesängen. Ein schöner Berg dieser Untersberg mit Gipfeln für die Jungfer Thall, die Geier und Götter. Ein schöner Berg dieser Untersberg mit seinen klammkalten Schluchten und verwunschenen Karen. Wie wird sich meine Reisegesellschaft damit anfreunden? Und wie ich? Vorerst gab es noch Brote zu richten und schnell einzupacken, damit die Fliegen sie nicht schon vorher zerlegten. Beim Gedanken an die brummende Wolke in meinem Auto verdüsterten sich meine Pläne. Wenn ich nicht schneller als 60 fahre, können sie hinterherfliegen.

Was ich mir von dieser Xpedition erhoffe? Gar nichts erhoffe ich. Ich gehe ohne jede Hoffnung, weil Hoffnung an sich schon beinhaltet, daß es etwas gibt, das ich suche. Aber das können sie sicher alle nicht nachvollziehen, die die nichts wagen, nicht aufs Ganze gehen, nichts leben, nichts verstehen. Wie soll ich mich mit denen, die mich ja sogar fragen, warum gerade der Untersberg, auf den doch jeder Xbeliebige eine Xpedition machen könnte, hinaufsteigen oder hineinsteigen will und nicht auf einen jener Berge, die niemand zu besteigen wagt. Wie also sollte ich mit ihnen über das Finden von Glück sprechen?




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#2
danke für die schoene geschichte violetta. das liest sich alles sehr weiblich und inspirierend für mich!

alexis
EigenSinnige Frauen
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#3
Ich finde das sehr surrealistisch und bin ganz schön verwirrt. [Bild: slider.gif]
Tue was immer ich will!
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#4
alexis schrieb:danke für die schoene geschichte violetta. das liest sich alles sehr weiblich und inspirierend für mich!

alexis
Schön daß Du damit etwas anfangen kannst, alexis. Es waren Gedanken, die sich zwar auf ein anderes Thema bezogen, aber mit etwas Sensibilität weiß man schon, was ich meine. Das ist nämlich gar nicht so verwirrend, Master.

Grüße von Violetta
Sei!
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