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Orpheus
In Dion (am Tempel der Aphrodite-Isis) gibt es eine Quelle, die direkt vor der Göttinnen-Statue entspringt und deren Rinnsale das gesamte Heiligtum durchziehen. Die Quelle ist mit Marmor ummauert und bildet mit der dahinterstehenden Statue der Aphrodite-Isis einen einmaligen, märchenhaft-mythischen Anblick.
Diese Quelle besitzt auch eine Verbindung zur mythologischen griechischen Gestalt des Orpheus. Bekannterweise entsagte Orpheus nach dem Tod seiner Gattin Eurydike allen Frauen und wurde deshalb während eines Fruchtbarkeits-Festes des Dionysos (weil er sich dort dem Brauch verweigerte, mit anderen Frauen zu schlafen) von Anhängerinnen des PAN/Dionysos-Kultes ermordet. Als die Mörderinnen sich nach geschehener Tat ihre Hände in einem Fluß waschen wollten, weigerte sich der Fluß, sich derart verunreinigen zu lassen und verschwand in der Erde – und kam erst wieder in der Nähe von Dion zum Vorschein.
Orpheus war ein Sohn der Muse Kalliope und des Flußgottes Oiagros (in anderen Erzählungen war er der Sohn des Apollon), der zugleich auch König von Thrakien war. Die symbolische Vater-Sohn-Verbindung zum FlußG*tt Oiagros ergibt sich aus der Geschichte, daß der Fluß sich verweigerte, die blutverschmierten Hände der Weiber zu reinigen.
Apollon schenkte Orpheus eine Leier, und wenn er dieses Instrument mit seiner Stimme kombinierte, lauschten ihm Vögel, Fische, Löwen, Leoparden, und selbst Rehe ließen sich in Eintracht in gefährlicher Nähe nieder.
Seine Gemahlin wurde die Nymphe Eurydike, und sie liebten sich auf das Zärtlichste.
Anmerkung:
Es handelt sich um einen Teil des Jahreskreislaufes, in dem Fall um den Sommer und sein nahendes Ende. Orpheus steht symbolisch für Pan bzw. Dionysos, also für die Natur, die wieder in voller Blüte steht (Spiel auf der Leier und sein Gesang (die Vögel zwitschern, alle Tiere lauschen ihm usw.)).
Doch das Glück währte nicht lange, denn auf einer Wiese im Spiel mit ihren Freundinnen lag eine Schlange versteckt, die sie übersah. Die Natter biß sie, und kurz darauf verstarb Eurydike in Folge dessen.
Anmerkung:
Die Schlange symbolisiert in dieser Gesichte den Schnitt bzw. das Ende der Eurydike, die somit in den Hades verbannt wird, in die Unterwelt. Damit wird auch gekennzeichnet, daß die Natur sich allmählich wieder zurückzieht in die Erde (eine Nymphe, also ein Naturwesen kehrt zurück in die Erde, so wie sich die Kraft der Bäume und Pflanzen im Winter in die Wurzeln zurückziehen).
Die Tage werden kürzer und kühler, die Nächte werden länger. (Vergleiche mit dem Stich des Skorpions im November oder mit dem Stich an der Spinnrad-Nadel (Dornröschen).)
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30.08.12017, 21:06
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30.08.12017, 21:07 von Nino.)
Orpheus, zu Tode betrübt über den Verlust seiner Liebe, faßte den Entschluß, in den Hades hinabzusteigen und den G*tt der Unterwelt und seine Gefährtin mit seinen Klängen zu bitten, Eurydike wieder herauszugeben. So geschah es, daß Orpheus hinabstieg und auf dem Weg zum Thron unbeirrt der Gestalten und Schatten, die ihn zu erschrecken suchten, vor Hades und Persephone trat. Sogleich begann er zu spielen und zu singen:
"Oh, du Herrscher dieses Reiches,
gönne mir Wahres zu reden und höre gnädig mein herzliches Verlangen!
Ich kam nicht herab, den Tantalos und Kerberos zu schauen.
Ich kam, um das Leben meiner verstorbenen Gemahlin zu gewinnen.
Die Liebe zu ihr zerbricht mir das Herz, und ich kann nicht ohne sie sein.
Darum höret mein Flehen und gebt sie frei.
Schenkt ihr, der geliebten Gemahlin, von neuem das Leben."
Selbst die Schatten weinten beim Klang dieser Melodie und der gesungenen Strophen, und auch Hades war ergriffen, so daß er und Persephone beschlossen, Eurydike das Leben zurückzugeben. Doch wehe Orpheus wendet den Blick während des Marsches aus der Unterwelt, dann würde seine Geliebte wieder entschwinden und im Reich der Schatten verbleiben.
Anmerkung:
Sich umzudrehen heißt, einen falschen Gedanken (hier Zweifel) zu denken. Es gibt jedoch keinen Zweifel an der Kraft des Lebens. Der Samen > Trieb der nicht vorwärtsstrebt, sondern innehält, der wird nicht aufgehen. Das ist hier gemeint.
Schweigend und mit schnellen Schritten liefen Orpheus und Eurydike den finsteren Weg empor, stets vom Grauen der Nacht umgeben. Orpheus lauschte dabei voller Sehnsucht, ob er nicht den Atem der Geliebten oder das Rauschen ihres Gewandes hören könne. Doch hinter ihm war nur Stille, Totenstille.
Von Angst und Liebe überwältigt, wagte Orpheus es nun doch, sich nach der Geliebten umzublicken.
Anmerkung:
Dieser Teil der Geschichte erinnert an die immer alles hinterfragende Logik ... die Angst, daß doch etwas übersehen worden sein kann.
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Da schwebte sie, die Augen traurig und voll Zärtlichkeit auf ihn gerichtet, zurück in die schaurige Tiefe. Verzweifelt streckte Orpheus die Arme aus, die Entschwindende zu ergreifen. Doch sie war seinen Blicken schon entschwunden. Nur ein letztes "Lebe Wohl!" hallte noch leise aus der Ferne.
Anmerkung:
Das griechische Drama als Warnung > ja nur immer geradeaus zu gehen ohne Zweifel und Rückwendung.
Orpheus war starr vor Entsetzen, dann stürzte er zurück in die dunkle Unterwelt. Jetzt aber verweigerte ihm Charon, der Fährmann, die Fahrt über den schwarzen Fluß. Sieben Tage und Nächte saß Orpheus am Ufer, ohne Speis und Trank, und vergoß in Reue seine Tränen. Er flehte um die Gnade der unterirdischen Götter, doch nichts konnte sie erweichen.
Anmerkung:
Erkenntnisweg/Weisheitserlangung. Siehe auch Odin und Weltenesche.
Orpheus kehrte schuldbeladen in die einsamen Bergwälder von Thrakien zurück. Drei Jahre lebte er dort ganz allein, die Gesellschaft der Menschen verachtend. Und wenn er traurig seine Lieder sang, rückten selbst die Bäume näher und näher. Auch die Tiere des Waldes und die munteren Vögel kamen herbei und lauschten den wundervollen Klängen.
Mit einem Male schwärmten thrakische Weiber durch die Berge, denn sie feierten das wüste Fest des Dionysos. Für den einsamen Sänger, der alle Frauen verschmähte, hatten sie aber nur Verachtung.
Anmerkung:
Die Weiber hatten auch Weinreben in den Haaren. Die Weinernte erfolgt im Gilbhart bzw. in den letzten Tagen des Septembers, also ein Synonym für den nahenden Herbst.
Das Paarungsfest wird im Februar gefeiert, nicht im September. Die Geschichte ist eine Geschichte. Halb Mythe, halb Wahrheit, sicherlich viele Male verändert, seit es die Urgeschichte des Orpheus gab. Jedoch sind in der Geschichte viele Weisheiten versteckt, aus denen man lernen soll. So wie in den Thor-Geschichten der nordischen Mythologie. Dem Knaben Thor geht auch eine Menge schief. Nicht weil er so doof war, sondern weil die Menschen, die die Geschichten erzählt bekamen, daraus lernen sollten.
"Seht!", rief ein Weib, das den anderen vorauseilte. "Da ist er, der uns so verhöhnt!" Die Weiber stürzten sich tobend auf ihn, und die Waldtiere flohen erschrocken davon. Orpheus wehrte sich, so gut es ging, doch ein Schleuderstein traf ihn hart am Kopfe. Mit blutender Wunde sank er dahin, nun lag auch er im Sterben.
Anmerkung:
Naturgesetz: Wer sich nicht fortpflanzt (sondern dem alten Jahr nachtrauert), der verdient das Leben nicht. Derjenige ist überflüssig, verliert die Olympiade um die Fortpflanzung und wird eliminiert.
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31.08.12017, 09:12
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 31.08.12017, 09:15 von Wilder Mann.)
Kaum war die mörderische Rotte davongerannt, da flatterten die Vögel schluchzend herbei. Auch die Nymphen der Quellen und Bäume eilten hinzu, und hüllten den Leichnam in schwarze Gewänder. Sie alle klagten um Orpheus bitterlich und begruben seinen geschlagenen Körper. Seine Seele aber schwebte hinab ins Schattenreich, in die Arme seiner ewigen Sehnsucht, Eurydike.
Anmerkung:
Der Niedergang des Sommers, Orpheus' Tod zur Weinernte – die Leier verstummt, es folgt die dunkle und stille Jahreszeit (schwarze Gewänder, die Natur zieht sich in die Unterwelt zurück).
Irgendwann im Herbst beginnt Pan damit, die Paarung zu verweigern.
Vergil (in den "Georgica" ca. 37 v.d.Z.) und Ovid (in den "Metamorphosen", ca. 8 n.d.Z., also etwa 40 Jahre auseinander) schrieben die Geschichte von Orpheus ebenfalls nieder, wobei jeder die Geschichte aus seiner Sicht beschreibt, was zu vergleichen ist wie mit einer Neuauflage eines Filmes. Meistens sind diese dann schlechter, weil Details weggelassen oder verfälscht wurden, was hier aber über Ovid und Vergil nicht ausgesagt werden soll.
Orpheus' Kopf jedoch wurde mitsamt seiner Lyra in den Fluß Hebros geworfen, sie schwammen hinab in das Ägäische Meer und wurden auf der Insel Lesbos an Land gespült. Der Kopf sang immer weiter, bis Apollon ihm gebot zu schweigen.
Anmerkung:
Auch hier der Vergleich von Odin und Mimir. Hier geht es um den sprechenden Kopf, den Baphomet, wie wir ihn nennen.
Wir kennen auch Morpheus, den Schlaf, der die Betäubung (auch durch Alkohol) bevorzugt.
Orpheus sucht (im Gegensatz zu Morpheus) aber nicht die Betäubung durch Wein und Rauschmittel, sondern Orpheus baut sich eigene Phantasiegeschichten, Wunschgedanken, eine Art Gesang, der ihn in eine, zwar nicht in die Traumwelt wie bei Morpheus, jedoch in eine Art Phantasiewelt (Märchen, Mythe) entführt und dort seine Ideen auslebt.
Jeder kennt sicher dieses Gefühl einer Phantasiewelt, wenn man ein Lied oder eine Melodie hört, die einen dazu bewegt in Gedanken zu versinken, in eine Art Phantasie. Das kann von melancholisch, depressiv bis euphorisch, fröhlich alles beinhalten.
Orpheus ist also das Weiterleben der "Seele", besser: des Traumes, der Idee, der Persönlichkeit nach dem Tod. Deshalb gab es auch die Orphiker als rel. Strömung des 6. bzw. 5. Jahrhunderts v.d.Z., die sich bis in die Antike hielt.
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Das Problem mit Mythen und Geschichten ist folgende: Je älter sie ist, desto mehr werden sie durch das „Stille-Post-Prinzip“ verändert.
Im Laufe der Geschichte griffen zahlreiche bekannte Schriftsteller/Universalgelehrte, wie Marsilio Ficino, Pico della Mirandola, Shakespeare, Giordano Bruno, Francis Bacon zu der Mythe des Orpheus und sponnen ihre eigenen Interpretationen.
Die Geschichte von Orpheus und Eurydike war auch ein Nährstoff für die Dichter und Romantiker wie Goethe, Novalis, Rainer Maria Rilke usw. Ja sogar bis ins heutige Zeitalter von Film und Fernsehen verfolgt uns die Thematik des Orpheus.
Letzte Woche habe ich im Radio das Lied „Ich wollte wie Orpheus singen“ von Reinhard Mey gehört.
Bei einem über 2500 Jahre alten Deckmantel aus Interpretationen ist es fast unmöglich, den wahren Kern der Orpheusmythe zu erkennen.
Der Musiker Walter Gutdeutsch hat einen interessanten Beitrag zu diesem Thema geschrieben.
Er beschreibt darin, dass es nicht „den“ Mythos von Orpheus und Eurydike gibt, sondern nur sehr viele Varianten mit einem gemeinsamen Kern:
„...Die Urversion des Mythos lautet wohl wie folgt: Orpheus, Sohn des Gottes Apollon und der Muse Kalliope, wird von Apollon im Leiterspiel und Gesang unterwiesen. Bald hat seine Musik eine solche Kraft, dass Steine in Bewegung kommen, Flüsse stillstehen, Bäume zu ihm hinwandern, wilde Tiere sich zahm um ihn lagern. Dann stirbt seine Frau Eurydike – es wird nicht erzählt warum (dies wird erst später dazugedichtet) – und gelangt in den Hades. Orpheus geht ihr nach und bezaubert mit seinem Gesang und dem Spiel auf seiner Leier den Herrscher der Unterwelt, der genauso heißt wie sein Reich, nämlich den G*tt Hades, und seine Frau, die Göttin Persephone. Er erhält die Erlaubnis, mit Eurydike auf die Erde zurückzusteigen. – Dies ist die archaische „Urgeschichte“, und es ist anzunehmen, dass sie mit einem Happy End abschloss: Der Tod wird durch die Kraft der Liebe und die Magie der Musik überwunden. ..."
Alles andere wurde seiner Meinung nach dazugedichtet.
Vergil sagte, Orpheus drehte sich aus einen Anfall von jähen Wahnsinn um. Ovid vermutete aus Sorge um Eurydike. Rilke wiederum schrieb, dass Eurydike schon zu sehr von dem „Gestorbensein” erfüllt wäre und daher keinen Bezug mehr zu den Lebenden hätte. Orpheus spürte das und drehte sich daher absichtlich zu ihr um.
Der weitere Verlauf der Geschichte beschreibt, wie sehr sich Orpheus nach der Rückkehr aus dem Hades verändert hat. Schließlich hat er die Mysterien des Lebens und nun auch des Todes gesehen. Er scharrte junge Männer um sich und lehrte sie die Geheimnisse von Leben, Liebe und Tod und führte sie in neue Weihen und Mysterien ein. Er schaffte Blutopfer ab und lehrte die Reinkarnation, erzog seine Anhänger zu einer vegetarischen Lebensweise.
Für den weiteren Verlauf verweist Gutdeutsch auf die Interpretation von Aischylos:
„In seiner Tragödie „Bassarai“ (dies ist das thrakische Wort für Bacchantinnen), dass Orpheus eines Morgens im Gebirge die aufgehende Sonne – ein Aspekt des Gottes Apollon, der G*tt des Lichts, der musischen und heilenden Künste – begrüßte. Dort fanden ihn die orgiastisch aufgewühlten Begleiterinnen des Gottes Dionysos, die Mänaden oder Bacchantinnen: Sie stürzten sich auf ihn und rissen ihn in Stücke.
Eine andere Version erzählt weiter: Seinen abgetrennten Kopf und die Leier warfen die Mänaden in einen Fluss, und die Strömungen trugen ihn bis zur Insel Lesbos. Die Leier wurde dort im Tempel des Apollon aufbewahrt – bis Zeus diese im Sternbild Lyra verewigte. Und das Inselheiligtum des Dionysos, wo der Kopf bestattet wurde, entwickelte sich zu einer berühmten Orakelstätte. Orpheus selbst aber, so Ovid, habe im Hades Eurydike wiedergefunden, „nach der er sich fortan sorglos umsehen“ dürfe. Die rasenden thrakischen Frauen schließlich seien zur Strafe in Weiden verwandelt worden. Dieser Schluss bringt zwar nicht unbedingt ein Hollywood-Happy-End, aber immerhin eine „Auflösung“ der schicksalsmäßigen Verstrickungen der ganzen Geschichte.“
Wie schon gesagt, kann solch ein mythologischer Überbau die ursprüngliche Version bis zur heutigen Zeit dermaßen verunstalten, dass ich es nicht wage, eine 100%ig stichhaltige Interpretation aus dem Meer von Interpretationen herauszupicken.
Glück ist unsichtbare Planung.
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(04.09.12017, 21:46)Waldläufer schrieb: https://www.pagan-forum.de/post-52624.html#pid52624Das Problem mit Mythen und Geschichten ist folgende: Je älter sie ist, desto mehr werden sie durch das „Stille-Post-Prinzip“ verändert.
Es kann nicht hundertprozentig gewährleistet werden, daß diese oder jene Person der Vergangenheit bei der Interpretation nicht eigene Vorlieben oder Abneigungen mit in die ursprüngliche Geschichte hat einfließen lassen. Das jedoch verändert meiner Ansicht nach nicht den Kern der Geschichte. Zumindest bei dieser nicht.
Zitat:Bei einem über 2500 Jahre alten Deckmantel aus Interpretationen ist es fast unmöglich, den wahren Kern der Orpheusmythe zu erkennen.
Der Kern ist für mich erkennbar, auch wenn sich die Farbe der Kleider, die Nebendarsteller, die Todesursache der Eurydike oder die Herangehenesweise der Interpretation einzelner Gelehrter unterscheiden mag.
Zitat:Der Musiker Walter Gutdeutsch hat einen interessanten Beitrag zu diesem Thema geschrieben.
Er beschreibt darin, dass es nicht „den“ Mythos von Orpheus und Eurydike gibt, sondern nur sehr viele Varianten mit einem gemeinsamen Kern:
Das sehe ich identisch, denn die bildlichen Umschreibungen der Geschichte sind nichts weiter als Symbole für natürliche Gegebenheiten bzw. magische Vorgänge. Verschlüsseltes Wissen eben. Die Grauen handhaben es ähnlich, wenn wir z. B. die verfälschten Geschichten in der Bibi betrachten oder die okkulte Musikindustrie. Hier wird verschlüsselt kommuniziert, es werden Geschichten erzählt, deren eigentliche Bedeutung eine ganz andere ist als die, die jeder zu sehen oder zu verstehen glaubt. Bei der okkulten Musikindustrie werden zudem die Logenränge dargestellt, zu welchem Verein die oder derjenige gehört, der Status usw.
Zitat:Vergil sagte, Orpheus drehte sich aus einen Anfall von jähen Wahnsinn um.
Ovid vermutete aus Sorge um Eurydike.
Rilke wiederum schrieb, dass Eurydike schon zu sehr von dem „Gestorbensein” erfüllt wäre und daher keinen Bezug mehr zu den Lebenden hätte. Orpheus spürte das und drehte sich daher absichtlich zu ihr um.
Es geht doch nicht darum, warum er sich umdrehte, sondern was das Umdrehen des Orpheus aussagt. Und das haben wir genau aufgeschlüsselt. Siehe folgende Anmerkung!
Zitat:Anmerkung:
Sich umzudrehen heißt, einen falschen Gedanken (hier Zweifel) zu denken. Es gibt jedoch keinen Zweifel an der Kraft des Lebens. Der Samen > Trieb der nicht vorwärtsstrebt, sondern innehält, der wird nicht aufgehen. Das ist hier gemeint.
In der Schule würde man zu obigen Interpretationen sagen, Thema verfehlt bzw. in der Betrachtung des Details den Überblick verloren!
Zitat:Wie schon gesagt, kann solch ein mythologischer Überbau die ursprüngliche Version bis zur heutigen Zeit dermaßen verunstalten, dass ich es nicht wage, eine 100%ig stichhaltige Interpretation aus dem Meer von Interpretationen herauszupicken.
Was alle Philosophen außer Acht lassen, ist der natürliche Sinngehalt dieser Geschichten. Sie tappen also im Dunkeln, auch wenn sie große Namen besitzen.
Anhand der naturbezogenen Interpreation können verschiedenste Weisheiten und Informationen aus einer solchen Geschichte gezogen werden. Ob dieses oder jene Detail ursprünglich vorhanden war oder nicht, ist zumeist sekundär, wenn der Kern der Geschichte sich nicht ändert. Ändert sich der Kern, ist bewußte Manipulation im Spiel (siehe z. B. Bibi-Geschichte usw.)!
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Zitat: Ändert sich der Kern, ist bewußte Manipulation im Spiel (siehe z. B. Bibi-Geschichte usw.)!
Beispielsweise wenn plötzlich der Schwache den viel, viel größeren und stärkeren besiegt (siehe David und Goliath), dann ist definitiv etwas faul an der Geschichte, da hier der natürliche Symbolgehalt und die Weisheit ins Gegenteil verdreht wurden.
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Dryade Eurydike, der (griechische) Baumgeist einer Eiche
(04.09.12017, 21:46)Waldläufer schrieb: https://www.pagan-forum.de/post-52624.html#pid52624Bei einem über 2500 Jahre alten Deckmantel aus Interpretationen ist es fast unmöglich, den wahren Kern der Orpheusmythe zu erkennen.
Sinn der Mythologie ist ja nicht, irgendeine historische Tatsache zu überliefern, sondern vielmehr auf dem Rücken historischer Ereignisse ein bestimmtes Wissen zu transportieren/wachzuhalten. Von diesem Blickwinkel betrachtet, geht die Entschlüsselung also in eine völlig andere Richtung.
Man kann grundsätzlich jede Mythe entschlüsseln und die transportierte Botschaft entsprechend herauslesen. Alles was man dazu benötigt, ist ein roter Faden > unser Wissen. Jeder kennt die entsprechende Vorgehensweise: profan > geheim > intern. Mit dieser Dreiteilung ist grundsätzlich jede Mythologie, Sage, Märchen usw. leicht zu dechiffrieren.
(Moderne Autoren schreiben die Mythologie um, um sie zu entkräften. Ihnen Botschaft und Strom zu rauben > ist der Zweck. Jüngstes Beispiel: die letzte "Troja-Verfilmung" mit Brad Pitt in der Rolle des Achilles.)
Menschen mit übersteigerter Logik oder einer völlig verunsicherten Gedankenstruktur werden bei entsprechenden Deutungsversuchen hin und wieder Schwierigkeiten bekommen. So wie sie auch im Alltag alles herumdrehen und ihren Weg nur schwer finden.
Zitat:„...Die Urversion des Mythos lautet wohl wie folgt: Orpheus, Sohn des Gottes Apollon und der Muse Kalliope, wird von Apollon im Leiterspiel und Gesang unterwiesen. Bald hat seine Musik eine solche Kraft, dass Steine in Bewegung kommen, Flüsse stillstehen, Bäume zu ihm hinwandern, wilde Tiere sich zahm um ihn lagern. Dann stirbt seine Frau Eurydike – es wird nicht erzählt warum (dies wird erst später dazugedichtet) – und gelangt in den Hades. Orpheus geht ihr nach und bezaubert mit seinem Gesang und dem Spiel auf seiner Leier den Herrscher der Unterwelt, der genauso heißt wie sein Reich, nämlich den G*tt Hades, und seine Frau, die Göttin Persephone. Er erhält die Erlaubnis, mit Eurydike auf die Erde zurückzusteigen. – Dies ist die archaische „Urgeschichte“, und es ist anzunehmen, dass sie mit einem Happy End abschloss: Der Tod wird durch die Kraft der Liebe und die Magie der Musik überwunden. ..."
profan: wer möchte?
geheim: wer möchte?
intern: mach ich hier!
Ich übersetze mal: Orpheus > Pan (G*tt der Natur) wird von der Sonne (Apollon = Vater) zum Leben erweckt. Seine musikalischen Talente sind faszinierend. Es ist eine Art von Musik, die Pflanzen und Bäume wachsen läßt und Tiere und Menschen tief im Herzen erfreut, sie vor Lebensfreude jauchzen läßt. Es ist die "Musik des Lebens", "der Takt der Liebe ( der Tanz mit Aphrodite ), der allen Lebewesen innewohnt (auch Steine sind Lebewesen) > und diese zauberhafte Musik geht von Pan aus. Deshalb wird Pan stets mit einem Musikinstrument dargestellt.
Alles in der Natur tanzt (gedeiht, vermehrt sich und stirbt) nach dieser Musik und somit ist Pan der Herr und Meister der Natur (des natürlichen Lebens). Überall zeugt er neues Leben, sein ständig erigierter Penis ist das entsprechende Attribut dafür. Seine Geliebte ist Aphrodite (Eurydike), die Liebe selbst. Mit ihr zusammen sorgt er für wachsen, lieben und sterben.
Im späten Herbst erlischt jedoch seine Zeugungskraft. Sein Liebesverlangen (durch seine Frau Eurydike symbolisiert) stirbt. Man kann es dann ab November in der Natur identisch beobachten. Es findet kein Liebesspiel mehr statt.
Pan zieht sich in die Erde (Unterwelt) zurück, wie schon zuvor der Saft der Bäume. Eurydike ist als Dryade ein Baumgeist (genaugenommen der Baumgeist einer Eiche). Der Baum ist das Symbol des Lebens. Jedoch symbolisiert Eurydike nicht den Geist irgendeines Baumes, sondern den des Weltenbaumes. Der Saft des Baumes zieht sich im Winter in die Erde zurück, und Pan muß ihm folgen > um ihn im Frühjahr durch seine Musik erneut hervorzulocken > damit die Eiche weitertreiben und neues Holz bilden kann.
Jedoch ist das Leben nur scheinbar dasselbe. Genau genommen war die alte Materie im letzten Herbst auf die Erde gefallen und ist dort verwest. Der Geist muß sich also einen neuen Körper suchen. Eine neue Pflanze aufbauen und zur Not auch einen neuen Eichenbaum. Die Eiche (Eurydike) ist jedoch sehr langlebig, was die beiden unterschiedlichen Versionen der Orpheus-Mythe (einmal mit glücklichem Ende und einmal als (griechische) Tragödie, ohne das glückliche Ende) erklärt.
Deshalb bleibt der alte Körper der Eurydike natürlich auch in der Erde zurück. Denn es gibt keine Wiederauferstehung von Körpern, sondern das Weiterleben des Geistes bzw. des Lebens als solches. Das alte Jahr ist für immer vergangen und bleibt natürlich in der Unterwelt zurück. Jedoch steigt ein neues Jahr empor.
Eurydike ist tot, es lebe Eurydike!
Also eine ziemlich einfach zu machende mythologische Erklärung, ohne daß sich irgendwer den Kopf zerbrechen müßte, daß etwas verkehrt an der Deutung wäre.
Um was es hier (Orpheus-Mythe) geht, ist > Die Botschaft vom ewigen Leben durch alle Zeiten hindurch wachzuhalten. Damit wird sichergestellt, daß Angstmacher und Angstreligionen die Menschen nicht täuschen können. Denn wenn man einen Kreislauf (großen Zyklus) nicht überschaut, dann kann eine solche Täuschung schnell passieren. Damit man einen Zyklus (der über ein Menschenleben hinausgeht) überschauen und erfassen kann, sind solche Geschichten notwendig.
Religionen, die dem Gläubigen mit dem Tod drohen (und damit Macht über den freien Geist von Menschen gewinnen), gilt es den Nährboden zu entziehen. Durch die Weitergabe unserer Mythen kann jeder selbst dazu beitragen. Denn wenn man weiß, daß man ewig lebt > dann hat man auch keine Angst vor dem Tod. Es stirbt nur die Logik, die alte Eurydike.
Frage an Waldläufer: Und, war das jetzt "unmöglich"? *zwinker*
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
verdandi
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Das Lied vom Kuckuck kennt wohl jeder, oder?
"Simsalabimbambasaladusaladim"
Auch hier ist der Kuckuck nach einem Jahr einfach wieder da. So lernen schon die Kleinsten den ewigen Kreislauf kennen.
Ich möchte mich bei Paganlord für die Aufschlüsselung bedanken. Wenn du es erklärt hast, ist es schlüssig und einfach zu verstehen. Wie ein fortgezogener Schleier vor den Augen.
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Im Alsterpark, Eimsbüttel, stehen zwei Skulpturen von Orpheus und Eurydike.
Zitat:Die sogenannte Orpheus-Gruppe der Hamburger Bildhauerin Ursula Querner (1921-1969) ist eines der beliebtesten Denkmäler der Hamburger. Direkt am Alsterwanderweg aufgestellt und allen Spaziergängern, Radlern und Läufern wohlbekannt. 1958 geschaffen, stand sie ursprünglich ab 1963 anläßlich der Internationalen Gartenausstellung in den Wallanlagen und seit 1971 am heutigen Standort im Alsterpark. Bis im Oktober 2011 Metalldiebe zuschlugen und die Eurydike bis auf die Füße absägten und ihrem Orpheus raubten. Auch Orpheus wurde beschädigt, konnte jedoch seinen Platz behaupten.
Durch einen großen Glücksfall befand sich im Besitz der Tochter der Künstlerin, Dorothee Wallner, eine zweite Fassung der Eurydike-Statue, von der in der Bildgiesserei M. Wittkamp in Elmenhorst bei Mölln ein Abguß hergestellt werden konnte. Und durch einen weiteren Glücksfall fanden sich spontan und schnell großzügige Spender bereit, die den Neuguß der Eurydike finanzierten. Sogar Orpheus konnte repariert werden und beide Statuen wurden ertüchtigt, um einen weiteren Raub unmöglich zu machen. Im Sommer 2012 wurden sie im Alstervorland wieder aufgestellt, nebeneinander, so wie es ihnen in der Sage nicht vergönnt war. Quelle: Denkmalpflege Hamburg
Die Parallele zur Mythe ist interessant, daß wie im oben beschriebenen Fall Orpheus seine geliebte Eurydike schon wieder verliert, weil sie ihm geraubt wird. Dieses Mal nicht durch den Tod, sondern durch Diebstahl.
Den Verfassern des Berichtes ist entgangen, daß hier ein Teil eines natürlichen Kreislaufes in und durch die Mythe beschrieben wird, wie man im abschließenden Satz des Beitrags erkennen kann. Die Geschichte aber wiederholt sich ...
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