Lichtverschmutzung
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Ähnliche Folgen beim Menschen?
Zu viel künstliches Licht macht Fische ängstlich – auch Generationen später

   

Laut Forschern des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie verändern Fische, wenn sie nachts künstlichem Licht ausgesetzt sind, ihr Verhalten und werden tagsüber ängstlicher. Langanhaltende Folgen von Lichtverschmutzung gingen so weit, dass selbst der Nachwuchs weniger schwamm.

Künstliches Licht in der Nacht erhellt Orte, die sonst dunkel wären. Das gilt sowohl draußen durch Lichter, die Straßen, Gebäude und Industriegebiete die ganze Nacht über beleuchten, als auch drinnen durch Geräte, die unsere Aufmerksamkeit bis in den Abend hinein aufrechterhalten.

Es ist bekannt, dass sich nächtliche Beleuchtung auf die meisten Organismen auswirkt, indem sie den natürlichen Rhythmus der biologischen Prozesse stört, die durch die Zyklen von Licht und Dunkelheit koordiniert werden.

„Künstliches Licht in der Nacht stört vor allem den Schlaf von Tieren. Deshalb wollten wir wissen, wie es sich auf ihr Verhalten und letztlich ihre Fähigkeit zu überleben auswirkt“, sagte Wei Wei Li, Doktorandin am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie. „Die Lichtstärken, die wir in unserer Studie verwendet haben, entsprachen dem, was nachts viele unserer Quellen ausstrahlen. Wir fanden bereits nach wenigen hellen Nächten extrem starke und deutliche negative Auswirkungen auf das Verhalten von Fischen und ihrem Nachwuchs.“

   
Die Forscher nahmen Zebrafische als Versuchstiere

Gefahr: blaues Licht

Aus früheren Forschungen ist bekannt, dass ein hoher Blauanteil in künstlichem Licht – typisch für kalt- oder „Tageslicht“-weiße LEDs – negative Auswirkungen auf den Menschen hat. Aus diesem Grund wollten Li und ihre Kollegen herausfinden, ob verschiedene Wellenlängen auch Tiere unterschiedlich beeinflussen. Das Hauptaugenmerk lag hierfür auf dem Verhalten von Fischen.

Im Labor bestrahlten die Forscher weibliche Zebrafische die ganze Nacht mit über neun verschiedenen Wellenlängen im sichtbaren Spektrum sowie weißem Licht. Die Lichtstärke lag bei 20 Lux, was der Intensität von entfernten Straßenlaternen entspricht, der Wildtiere nachts ausgesetzt sind.

Sie fanden heraus, dass nach acht Nächten alle Wellenlängen die Fische dazu veranlassten, weniger zu schwimmen und sich enger aneinanderzudrängen. Außerdem hielten sie sich längere Zeit in der Nähe der Aquarienwände auf – ein Verhalten, das als Anzeichen für Angst bei Tieren gilt. Die Wirkung von blauem Licht zeigte sich jedoch schon früher, nämlich nach nur fünf Tagen, wobei Licht mit einer Wellenlänge von 470 Nanometern die stärkste Wirkung hatte.

„Dies stimmt mit dem überein, was beim Menschen bekannt ist. Auch beim Menschen beeinflusst das blaue Licht elektronischer Bildschirme unseren Schlaf und möglicherweise auch andere Zyklen massiv“, sagt Aneesh Bose, Mitautor der Studie.

Was und wie genau die Schuppenträger zur Verhaltensänderung verleitet werden, haben die Forscher in der Studie nicht untersucht. Sie vermuten jedoch, dass Schlafmangel der Grund dafür sein könnte, da sich die Unterschiede nicht sofort, sondern erst nach fünf oder acht Nächten zeigten.

Die Fische können zwar ein paar Nächte ohne Schlaf auskommen, aber irgendwann zeigen sich die Folgen des Schlafmangels“, erklärte Aneesh Bose.

Fische vererbten Veränderungen

Weiterhin zeigte die Studie, dass die Auswirkungen der Lichtverschmutzung nicht bei Einzelnen enden, sondern an die Nachkommen weitergegeben werden. Nachdem die weiblichen Zebrafische das Lichtexperiment überstanden hatten, durften sie sich fortpflanzen. Die Nachkommen zog das Team unter natürlichen Lichtbedingungen auf.

Nach 15 Tagen untersuchten die Forscher das Schwimmverhalten der Larven mithilfe einer speziellen Software. Damit konnten die Biologen die Tiere automatisch verfolgen und ihre Aktivität messen. Die Nachkommen von Müttern, die dem Licht ausgesetzt waren, zeigten dabei eine verringerte Tagesaktivität.

„Wir haben festgestellt, dass die Lichtverschmutzung das natürliche Verhalten der Fische stört. Dies kann Folgen für Fitness und Leistung haben“, sagt Ming Duan, beteiligter Forscher von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften.

Um diese Folgen von künstlichem Licht in der Nacht für wild lebende Tiere abzumildern, muss nach Ansicht der Forscher besonders darauf geachtet werden, welches Licht von menschlichen Quellen ausgestrahlt wird.

Viele Orte, die wir nachts beleuchten, liegen in der Nähe der Lebensräume von Tieren. Das Beste, was wir tun können, ist, den Einsatz von Lichtquellen mit blauen Wellenlängen dort zu minimieren“, so Duan abschließend.

Die Studie erschien am 18. September 2024 im Fachjournal „Science of The Total Environment“.
Was man will – nicht was man wünscht – empfängt man.

Cosima Wagner
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