Die Göttin in der Schweiz - Frau Verena
#1
Die Göttin in der Schweiz – Frau Verena


Frau Verena, auch Frau Vrenes, Frene, Vreneli, Vereina oder die große Ahnfrau genannt, ist eine sehr bekannte Gestalt in der Schweiz. Eine große Göttin, die bis heute nicht in Vergessenheit geraten ist. Alte Volkslieder über sie werden noch immer gesungen, und Geschichten werden noch immer erzählt.
Stöbert man auf der Suche nach ihr in Sagen, Geschichten und alten Büchern, findet man hier und dort Ähnlichkeiten zu Göttinnen anderer Regionen und Kulturen, z.B. zu Frau Holle, Venus und Freya (bei letzteren ist natürlich auch eine etymologische Verbindung zu sehen).

Früher wurde in der Schweiz in fast jeder Familie ein Mädchen nach Frau Verena benannt. Ihr waren und sind Berge und Hügel, Quellen und Flüsse, Schluchten und Kultsteine geweiht, an denen die Menschen sie besuchen und um Heilung oder ähnliches bitten.

Die Kirche machte aus der lieben Göttin die „Heilige Verena“. Die meisten kennen sie nur noch unter diesem Namen. So wird heute von einer Frau aus Theben in Ägypten berichtet, die im 3. Jh. n.d.Z. zusammen mit der „thebäischen Legion“, deren Existenz umstritten ist, erst nach Italien und dann in die Schweiz gelangte, wo sie sich, nach dem Tod ihres Verlobten und Soldaten der thebäischen Legion in eine Höhle einer Schlucht zurückzog, die heute „Verenaschlucht“ heißt. Daraufhin soll sie sich der Kranken und Bedürftigen angenommen haben. Armen Kindern soll sie die Haare gekämmt und das Gesicht gewaschen haben, und die Kinder lauschten ihren Geschichten.
So jedenfalls wird berichtet, wenn man über die heilige Verena liest.

Man erzählt sich aber auch, dass Verena zusammen mit einer alten weisen Frau in dieser Höhle gelebt haben soll, die an einem Spinnrad ihre Fäden sponn und danach webte. Verena soll ihre Webarbeiten verkauft haben. Und man erzählt sich, dass sie die Neugeborenen aus den Felsen der Schlucht geholt hat. Noch heute kann man die Löcher dort erkennen.

Als Einsiedlerin soll Verena oben in der Schlucht gelebt haben. Und auch heute noch ist es Tradition, dass jemand dort oben als Eremit/in in der Schlucht bei der Höhle in einem kleinen Häuschen lebt. Eine davon hieß sogar Verena. Seit Jahrhunderten war sie die erste Frau, die diese Funktion übernahm.


Heute wimmelt es in der Schlucht bei Solothurn von Chr*stlichen Symbolen. Die Höhle der Verena kann nicht mehr betreten werden, denn sie wurde mit einer Kapelle zugebaut. Eine weitere Kapelle steht direkt gegenüber.
Interessant anzusehen sind drei Frauenstatuen, die vor dem Kreuz am Altar einer der Kapellen aufgestellt wurden, in der Mitte davon Verena mit Krug und Kamm, und auch in einem dunklen Gang im hinteren Teil kann man drei weibliche Statuen nebeneinander bestaunen.
Aber auch eine liegende Statue von Verena ist zu finden, hinter Gitter gesperrt, mit Totenschädel und Kreuz im Arm.

Es wurden jedenfalls keine Mühen gescheut, die Göttin an diesem und anderen Orten in Vergessenheit geraten zu lassen,
„die zum Märchen gewordene Gestalt einer heidnischen Hilfs- und Heilgöttin allmählich zur demütigen Erscheinungsweise einer Grauen Schwester zu entgöttern“ und den Kult damit zu zerstören. Und dennoch gelang es nicht, Frau Verena gänzlich zu überdecken.

„Etliche Spuren der Heidengöttin bleiben hinter dem kirchlichen Heiligenschein immer noch erkennbar, wie denn Verena noch heute zuweilen den ihr geweihten Altar verlässt, um unter mancherlei Namen und Gestalt draußen an den gewohnten Huschen und Quellen des Waldes einer wilden Naturfreude nachzuschweifen. Kaum würde man dann […] die Heilige noch in ihr vermuthen, trüge sie nicht ihren alten Namen oder ihre geweihten Abzeichen. Denn dann wird sie wieder ein »alt heidnisch Wassergötzli«   (Die drei Gaugöttinnen)


Verena mit Krug und Kamm

   
Verena-Statue auf der Rheinbrücke bei Zurzach-Rheinheim


Verena wird üblicherweise mit Krug und Kamm dargestellt. Aus Sicht der Kirche kommen diese Attribute daher, da sie mit beiden Gegenständen die Kranken und Bedürftigen gewaschen und gekämmt haben soll. Also eine unter vielen ihrer erklärten Heiligen, die ihr Leben selbstlos den Armen gewidmet haben?

Der Kamm als Symbol ist natürlich viel älter und taucht in unseren Märchen und Sagen sowie auch in der Mythologie auf.
So sitzt zum Beispiel Loreley auf dem Rheinfelsen und kämmt sich ihr Haar. Besonders an dieser Sage ist, dass ihr goldenes Haar auch bezeichnet wird als „flachsenes Haar“. Wenn man nun den Kamm nicht nur als erotisches Symbol bzw. als Schönheitswerkzeug der Frauen sieht, kann man darin durchaus auch einen Webkamm sehen. Unsere liebe Loreley kämmt also nicht nur verführerisch ihr Haar, nein sie verwebt den eben gesponnenen Flachs mit ihrem Webkamm, so wie die Nornen am Urdbrunnen das Schicksal weben/spinnen.
Interessant ist hier auch die Verbindung zu der Erzählung, dass Verena in ihrer Höhle mit einer Weberin gelebt haben soll.

„Der Kamm gilt überhaupt als Symbol des Weibes, der großen weiblichen Naturgottheit, der großen Weberin. Der Kamm ist der große Weberkamm, mit dessen Zähnen die Muttergöttin das große Gewebe der Natur schafft.“ (Aigremont)

Damit wäre der Kamm ein magisches Werkzeug der Göttin. In Dänemark und in Deutschland konnten sogar Kämme mit Runeninschrift gefunden werden.


   
Kamm von Vimose


Ein weiteres Beispiel für die magische Verwendung des Kammes ist im Märchen „Schneewittchen“ vorhanden. Die böse Königin will hier Schneewittchen mit einem goldenen verzauberten bzw. vergifteten Kamm töten.

Auch Verenas Krug ist laut Heide Göttner-Abendroth ein erotisches Symbol, denn
„Krug, Schüssel, Schale oder Kelch bedeuten den weiblichen schöpferischen Schoß.“ Zusätzlich als Wassergöttin verehrt, vermochte sie nicht nur zu heilen, sondern auch den Boden zu wässern und fruchtbar zu machen, um so die Menschen mit Nahrung zu versorgen. Gelegentlich wird sie daher auch mit Brot dargestellt.


Verena als Dienstmagd in Zurzach

„Als Dienstmagd eines Priesters in Zurzach hatte sich Verena die tägliche Nahrung abgebrochen, um die benachbarten Siechen zu speisen. Darüber wird sie eines Unterschleifs verdächtigt, der argwöhnische Priester tritt ihr plötzlich in den Weg; doch siehe! Der Wein ist nun in Lauge, und die mitgenommenen Brotschnitte in einen Kamm verwandelt; beides ist zur Reinigung der Aussätzigen bestimmt.
Daher kommt es, dass die Verenabilder bald Waschkanne und Kamm, bald Weinkrug und Brotgipfel in der Hand haben. Da das Krüglein der heiligen ursprünglich steinern war, kann es auch ein Trockenmaß bedeutet haben, weil Steinkrüge in jener Zeit auch Kornviertel vorstellen.“


In einer anderen Version dieser Erzählung verrät sie der Knecht des Zurzacher Priesters der Veruntreuung, woraufhin er erblinden muss und elende Schmerzen ertragen, und auch keiner seiner Blutsverwandten stirbt daraufhin ohne Siechtum, Blindheit und Schmerz.


Fortsetzung folgt
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#2
Von Tannhäuser und Venus


   

Tannhäuser Wandgemälde / Schloss Neuschwanstein (Arbeitszimmer)



Die Sage vom Tannhäuser bzw. das „Tannhäuserlied“ ist in vielen verschiedenen Ausführungen überliefert und weit verbreitet. Dabei ändert sich der Ort des Geschehens, die Namen der Figuren oder stellenweise die Handlung. Am bekanntesten ist wohl Richard Wagners „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg“.

Der Grundkern der Sage in Mittel- und Südeuropa ist folgender:
Durch liebliche Gesänge angelockt, verbringt der Ritter und Minnesänger Tannhäuser seine Zeit im heiligen Berg der Frau Venus. Der Vergnügungen überdrüssig und von Reue erfasst, zieht er dann nach Rom, um Vergebung für seine Sünden zu erlangen. Doch diese wird ihm verwehrt, denn der Pabst sagt ihm, genauso wenig wie der verdorrte Stab in seiner Hand wieder grünen wird, wird ihm vergeben werden. Als der Stab anfängt zu grünen und der Pabst seine Boten schickt, um Tannhäuser zu suchen, ist es zu spät. Er ist für immer zum Venusberg zurückgekehrt. Und der Pabst soll verflucht sein auf ewig.

Eine interessante Stelle des Tannhäuserliedes beschreibt drei schöne Jungfrauen auf dem Berg der Venus, die die Woche über mit Gold und Seide bekleidet und mit Geschmeide und Kronen geschmückt sind. Doch am Sonntag sind sie Ottern (Vipern) und Schlangen.


Danuser war ein wundrige Knab,
grauß Wunder got er go schaue;
er got wol uf der Frau Vrenes Berg
zu dene dri schöne Jungfraue…

Die sind die ganze Wuche gar schö
mit Gold und mit Side behange,
händ Halsschmeid a und Maiekrö:
am Suntig sind‘s Otre und Schlange.


(St. Galler Version)

Oder:


Diner Gspilinne darf i nüt,
Es ist mir gar hoch verbotte,
Sie ist ob em Gürtel Milch und Bluet
Und drunter wie Schlangen und Chrotte.


(Aargauische Fassung)


Hier lehnt Tannhäuser ab, eine der Priesterinnen der Venus zu ehelichen, es sei ihm verboten. Über dem Gürtel wäre sie aus Milch und Blut und darunter wie Schlangen und Ottern.

Ähnlich ist die Sage vom Sybillenberg in Italien, dem Monte Sibilla im Nationalpark Monti Sibillini. In diesem Gebiet, das als Heimat von Dämonen und Feen beschrieben wird, liegt das Zauberreich der Sybille/Sibilla in ihrer Grotte hoch oben auf dem Sybillenberg. In den vergoldeten Hallen leben schöne Frauen und Ritter, und nicht länger als ein Jahr durfte man hier verweilen, wollte man nicht für immer dort sein. Auch hier verwandeln sich die Bewohner jeden Sonntag in Schlangen. Auch an diesem Ort finden wir eine Version der Tannhäusersage. Der Ritter verweilt ein Jahr bei Sybille, pilgert dann nach Rom und kehrt auch hier wieder zum heiligen Berg zurück.

Die Tannhäusersage wird auch in einer Erzählung aus Schottland vermutet, geschrieben von Thomas of Erceldoune, in der er unter dem „Eildon Tree“ einer Feenkönigin gewahr wird, die ihn mit in ihr unterirdisches Reich nimmt.



   

Thomas und die Feenkönigin


In der aargauischen Fassung des Tannhäuserliedes klopfen die Boten des Pabstes am Tor zum Vrenelisberg, doch Tannhäuser kann nicht hinaus und muss bis zum jüngsten Tage darinnen bleiben.
Die letzten Zeilen des Liedes erinnern an eine andere bekannte Sage...



Tannhuser sitzet am steinige Tisch,
Der Bart wachst ihm drum umme,
Und wenn er drümal ummen isch,
So wird der Jüngst Tag bald chumme.

Er frogt Frau Vreneli all Fritig spot,
Öb der Bart es drittmol umme goht
Und der Jüngsti Tag will chumme.


(überliefert am Tromsberge bei Baden)


   


Fortsetzung folgt
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#3
Frau Verenas heilige Berge / Venusberge


Die heiligen Berge der Göttin findet man an unzähligen Orten. Nicht selten heißen sie tatsächlich „Venusberg“. Oft weist eine alte Sage/Mythe auf diesen heiligen Ort hin. Oder die Berge tragen Namen, die wir mit der Göttin in Verbindung bringen.


Tiergarten/Thierget-Hügel


   


Einer dieser Berge ist der Tiergarten (Thierget-Hügel) in der Schweiz. Einst soll er als Insel im damals größeren Walensee gelegen haben. Man findet ihn heute zwischen den Orten Flums und Mels/Sargans östlich vom Walensee.
Dieser Hügel aus rotem Gestein wird heute als Steinbruch genutzt. Wer weiß, welche Zeugnisse vergangener Zeit dadurch zunichte gemacht wurden. Der Hügel ist mittlerweile durchlöchert und die gesamte Oberfläche durchwühlt und großteils abgetragen. Vorwiegend wurden aus dem Gestein Mühlsteine herausgebrochen, was merkwürdig scheint, wenn man bedenkt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Mühlstein und Verena, der Göttin dieses Hügels (dazu später mehr).



   

Aufgegebener Mühlstein auf dem Thiergarten


Am Fuß des Hügels befinden sich außerdem ein Käsestollen, ein Fußballplatz und ein Rekrutierungszentrum mit einer Logistikbasis der Schweizer Armee.
Im Süden des Hügels war bis zum 16. Jahrhundert die Gerichtsstätte des Bezirks, wo man unter freiem Himmel saß, um Urteile zu sprechen und Urkunden zu erstellen.

Der heute als Tiergarten bekannte Hügel wurde vor 150 Jahren noch Frau Vrenesberg oder Frau Venesberg genannt, zumindest bei den älteren Leuten. Die Volkssagen berichten von heidnischen Opferplätzen und von einem Schloss voller feenhafter Jungfrauen.
Im Sinne der Tannhäuser-Sage taucht Frau Verena hier als Venus auf und feiert mit ihm auf dem Tiergarten die Heilige Hochzeit. So mancher hat im Vorbeigehen die schöne Musik gehört, die vom festlichen Treiben auf dem Hügel kam.

Heide Göttner-Abendroth über den Tiergarten:

„Es heißt von ihm, dass dort Tannhäuser bei Frau Venus (Frau Vrenes) wohne und süße Musik erklinge, zu der viele schöne Jungfrauen tanzen. Auch Geschrei und Tierstimmen seien zu hören, überhaupt ein wildes Treiben, das manchmal sogar durch die Lüfte dahergebraust käme und gute Chr*stenmenschen zu Tode erschrecke. Nur mit Gebet, Glocken und Teufelsaustreibung sei diesem Spuk beizukommen."

Das dazugehörige Lied findet sich unter den Namen „Verena-Tannhäuserlied“,„Thiergetlied vom Vrenesberg“ oder „Sarganser Tannhäuserlied“.


Danuser war ein wundrige Knab,
Grauss Wunder got er go schaue
Er got wol uf der Frau Vrenes Berg
zu dene dri schöne Jungfraue


Tannhäuser war ein neugieriger Knab
Große Wunder geht er schauen
Er geht wohl auf der Frau Vrenes Berg
zu denen drei schönen Jungfrauen.


Er schaut zu einem Fensterli i,
Grauss Wunder kann er da schaue,
Drum got er zu dem Frau Vrenesberg hi,
zu dene dri schöne Jungfraue.


Er schaut zu einem Fensterlein ein,
Große Wunder kann er da schauen,
Darum geht er zu dem Frau Vrenesberg hin,
zu denen drei schönen Jungfrauen.


Die sind die ganze Wucha gar schö
Mit Gold und mit Side behange;
Hand Halsschmeid a und Maiekrö.
Am Suntig sinds Ottre und Schlange.


Sie sind die ganze Woche gar schön
Mit Gold und mit Seide behangen;
Haben Halsgeschmeide an und Maienkronen
Am Sonntags sind‘s Ottern und Schlangen
.


Jetz tritt es bald ins siebente Jahr,
So brichtet die alte Müre,
Dass er ein grauser Sünder war,
Sin Seel verdammet wäre.


Jetzt ist es bald das siebente Jahr,
So berichtet das alte Märchen,
Dass er ein großer Sünder war,
Seine Seele verdammet wäre.


Und wie des Morgeds Tag es war,
Danuser wollte gan bichte,
Er wollte wol gehen für den Pfarr‘,
Wollt sini Sünde verrichte.


Und wie des Morgens Tag es war,
Tannhäuser wollte gehen beichten,
Er wollte wohl gehen zu dem Pfarrer,
Wollt seine Sünden anzeigen.


Der nam die Sünde ihm aber nid ab
und sagt: zum Pabst müess er wandre,
Da kehrt er sinen Pilgerstaab
Nach Rom wie viele Andre


Der nahm die Sünde ihm aber nicht ab
und sagt: zum Pabst müsst er wandern,
Da kehrt er seinen Pilgerstab
nach Rom wie viele Andere.



Der Pabst, der nam den Staab in die Hand,
Vor Dürre wollte er spalte:
„So wenig das Stäbli noch Läubli tragt,
So wenig kannst Gnad du erhalte.“


Der Pabst, der nahm den Stab in die Hand,
Vor Dürre wollt er sich spalten:
„So wenig der Stab noch Laube trägt,
So wenig kannst Gnade du erhalten.“


„Wenn i kei Gnad erhalte mag,
So geh i uf Frau Vrenes Berg hi
Und schlafe bis an jüngste Tag,
Bis G**t selber thut wecke mi.“


„Wenn ich keine Gnade erhalten mag,
So geh ich zum Frau Vrenes Berg hin
Und schlafe bis an den jüngsten Tag,
Bis G**t selber tut wecken mich.


Do währet es nid gar dritthalb Tag,
Das Stäbli fangt a zu gruene,
Trait dri rothe Röseli z‘Tag
Dri wunderschöne Blueme.


Es waren nicht ganz dreieinhalb Tage,
Der Stab fing an zu grünen,
Trägt drei rote Rosen zu Tage,
Drei wunderschöne Blumen
.


Der Pabst schickt us i Land und Berg,
Sie könne Danuser nid finde,
Er lit wol uf der Frau Vrenes Berg,
bi dene dri schöne Jungfraue.


Der Pabst schickt aus in Land und Berg,
Sie können Tannhäuser nicht finden,
Er liegt wohl auf der Frau Vrenes Berg,
bei denen drei schönen Jungfrauen.


Es währet nid gar a halbes Jahr,
Der Pabst, der ware gestorbe,
Jetzt ist er verdammet i Ewigkeit,
Muess ewig si verdorbe.


Es war nicht ganz ein halbes Jahr,
Der Pabst er war gestorben,
Jetzt ist er verdammt in Ewigkeit,
Muss ewig sein verloren.


[...]


Es heißt, derjenige, der Tannhäuser erlöst, bekommt zum Lohn eine goldene Kette, die um den Tiergarten herum gespannt ist, und auch ein auf dem Berg verborgenes goldenes Kegelspiel.

Von Zeit zu Zeit kommt Tannhäuser vom Hügel hinunter, um zu sehen, ob es nicht schon Zeit wäre und er erlöst werden würde. So kam er einmal auf seinem weißen Pferd zu einem Feldarbeiter in die naheliegende Plonser-Au und fragte ihn, wie spät es sei. Der Feldarbeiter nannte ihm die Stunde des Tages, doch Tannhäuser wollte die Jahreszahl wissen. Als er sie erfuhr, sprach er: „Meine Zeit ist noch nicht da.“
Einen Bauer soll er mal um Hilfe gebeten haben, mit ihm hinauf auf den Tiergarten zu kommen, er würde reich belohnt werden. Doch der Bauer betrachtete misstrauisch den Herrn in der alten vornehmen Tracht und schlug ihm die Hilfe aus. Darauf sprach Tannhäuser in seltsam wehmütigen Ton: „ Nun muss ich wieder lange warten, bis mir jemand helfen kann. Wenn die Nuss, die heute zur Erde fällt, zu einem schlagfähigen Baume ausgewachsen und aus seinem Holz eine Wiege gefertigt worden ist, kann erst das Kind, das darin liegt, mir helfen, wenn es will.“ So verschwand er vor den Augen des Bauern.



   


   

Steingeist auf dem Tiergarten


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#4
Der Hohenkarpfen bei Hausen ob Verena


   


Der Hohenkarpfen ist ein Zeugenberg vulkanischen Ursprungs. Er liegt bei Hausen ob Verena (erstmals genannt als Husen off Frene), dessen Name von der früheren Verena-Mühle neben dem Dorf stammen soll. Dort soll auch einst ein Verena-Heiligtum gestanden haben.
Im 11. Jahrhundert n.d.Z. wurden auf dem Hohenkarpfen von den Herren von Karpfen die „Burg Hohenkarpfen“ erbaut, die bis ins 17. Jahrhundert hinein erhalten blieb.



   

Wappen der Herren von Karpfen


Der obere Teil des Wappens, die Krone mit Karpfen und Geweih, stellt heute das Wappen von Hausen ob Verena dar. Am Fuß des Berges befindet sich die Kunststiftung Hohenkarpfen und das Hotel Hofgut Hohenkarpfen.

Um den Hohenkarpfen sollen sich zahlreiche Sagen ranken, auch was den Verenakult betrifft. Gefunden habe ich eine einzige:


Der Schatz auf dem Hohenkarpfen

Die fahrigen Schüler wissen alle Schätze der Erde. So einer kam mal auf den Hohenkarpfen, ging von da nach Seitingen, nahm ein paar vertraute Männer zu sich und sagte ihnen, es wäre jezt Zeit und Stunde gekommen, wo man den Schatz in dem Karpfen heben könne, wenn er nur zwei beherzte Männer hätte. Fand zwei solche, ging mit ihnen den Hohenkarpfen hinauf, um den Schatz zu heben. Durften nicht graben und nicht schaufeln, denn wo fahrige Schüler sind, öffnen sich ihnen die Schätze von selbst. Der Schatz that sich auf und lag vor ihnen; der fahrige Schüler öffnete die Kiste mit der Hand. Ein abscheulicher, kohlrabenschwarzer Pudel mit feurigen Augen, wie Pflugräder, sprang wie abgelassen die Kiste auf und ab: er schlug ihn aber kräftig hinunter. Jezt ist ein großer fürchterlicher Rabe von oben herabgefallen. Deßungeachtet nahm der fahrige Schüler 36 Kreuzer aus der Kiste heraus: mehr darf er nicht nehmen. Er hieß die beiden Bauern zugreifen, und wie sie dieses thun wollten, erschien über ihnen plötzlich ein ungeheurer Mühlstein, der an einem schwachen Stricklein hing, darauf der Teufel, der es mit mächtiger Scheere abzwicken woll e. Und, o des Schreckens! von der Ferne kam ein ganzer Haufe Leute in furchtbarem Sturme; sie schrieen, was sie konnten, und die beiden Männer vernahmen deutlich Stimmen bekannter Personen aus Hausen ob Verena. Die Schatzgräber zogen ein; es waren aber keine Leute von Hausen, sondern lauter Teufel. Die Erschrockenen eilten den Hohenkarpfen wieder hinunter und wollten von keinem Schatz mehr was wissen: starben allesammt in einem halben Jahre. Der fahrige Schüler habe den Berg hinunter bitterlich geweint und gesagt, die Männer wären jezt reich genug gewesen.


http://www.zeno.org/Literatur/M/Birlinger,+Anton/M%C3%A4rchen+und+Sagen/Sagen,+M%C3%A4rchen,+Volksaberglauben/1./116.+Der+Schatz+auf+dem+Hohenkarpfen


   

Sagendenkmal am Hohenkarpfen


Fahrende Schüler soll es vor langen Zeiten gegeben haben, die dort, wo sie während ihrer Wanderschaft rasteten, behaupteten, sie seien im Venusberg gewesen und hätten dort allerlei Zauberkünste gelernt. So hätten sie einfache Leute betrogen.


Der sagt her große Wunderwerk,
Wie er kem aus dem Venusberg,
Wer ein Meister der schwarzen Kunst,
Macht den Bauren ein plauen Dunst.

(Hans Sachs)
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