Organische und anorganische Architektur - Druckversion +- Tal der weisen Narren (https://www.pagan-forum.de) +-- Forum: Gesundes Leben (https://www.pagan-forum.de/forum-10.html) +--- Forum: Wohnen (https://www.pagan-forum.de/forum-31.html) +--- Thema: Organische und anorganische Architektur (/thread-504.html) Seiten:
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Re: Organische und anorganische Architektur - Benu - 20.04.12011 Hierzu fällt mir Konstantin Kirsch ein. Naturbauten: Konstantin Kirsch hat in seinem Buch Naturbauten aus lebenden Gehölzen gezeigt, wie man aus Bäumen nach der Anleitung des 1941 verstorbenen Arthur Wiechula Häuser wachsen läßt: Man nimmt dreijährige Sämlinge und pflanzt sie in ca 15 cm - Abstand dorthin, wo einmal Hauswände stehen sollen. Diese Bäume werden dann miteinander verflochten und an den Kreuzpunkten mit einem Nagel und einer unverrückbaren Scheibe gesichert oder Spanplattenschrauben und ggf. Karosseriebau-Lochscheibe. Die Bäume wachsen nach ca. 2 Jahren an diesen Stellen zusammen. Die Nägel können dann entfernt werden (bei Schrauben gehts einfacher, bei Nägeln manchmal nicht), sodaß der Bauschutt in 300 Jahren nur aus purem verbrennbaren Holz besteht und nicht wie heute Sondermüll darstellt. Im weiteren Dickenwachstum der Baumstämmchen schließen sich die Flechtlücken und es ist eine feste geschlossene lebende Baumwand entstanden. Während des Wachstums müssen die unteren Zweige immer abgeschnitten werden. In ca 2,5 m Deckenhöhe werden Baumstämme zu einer Kuppel verflochten und genagelt bis die Decke zusammengewachsen ist und ein natürliches Regendach bildet. Auf diese Weise können in Abhängigkeit von Auswahl und Wuchshöhe der Baumsorte auch mehrstöckige Häuser gebaut werden. Zwischendecken müssen auf normale Zimmermannsart als Holzdecken eingezogen werden. Fenster und Türen werden ausgeschnitten und erhalten einen vierseitigen Rahmen, der ein Zerquetschen des Fensters durch Baumwuchs verhindert. Ein Haus kann 1/3 so hoch zum Bewohnen genutzt werden wie die normale Wuchshöhe des Baumes ist (Baumsorten und Wuchshöhe siehe unten). 2/3 der Höhe braucht der Baum Ast- und Blattwerk, um am Leben zu bleiben. Blitzableiter werden durch Bäume in der 30-Meter-Umgebung des Hauses gebildet, die höher wachsen als die Bäume, aus denen das Haus gemacht ist. Die Hausbäume werden mit Wasser versorgt, indem man einen Graben zieht, der etwa 1,5 m parallel zur Wand verläuft, damit die feinen Wurzeln sich dorthin entwickeln. Bis zur Fertigstellung eines solchen Hauses müssen etwa 10 Jahre Wuchszeit eingerechnet werden. Ausschnitte und Bilder aus dem Buch: Ein Naturhaus wächst und gedeiht im Lauf der Jahreszeiten, verändert sich dauernd, produziert Holz, Blätter, Blüten und Früchte, wird eines Tages absterben und später verrotten. Es ist in keiner Weise statisch, obwohl es natürlich der Inbegriff einer Immobilie (nicht mobil) ist. Der Wuchs folgt zwar gewissen Wahrscheinlichkeiten, ist aber nicht eindeutig berechenbar. Das heißt, man weiß nie genau, was aus einem Projekt einmal wird. Das klingt zunächst eher nachteilig, sind wir es doch gewohnt, immer vorher alles genau wissen zu wollen. Aber so schaffen wir hier auch einen Raum für interessante Überraschungen und ohne Überraschungen wäre unser Leben langweilig. Ein ganz anderer Vorteil ist etwas schwieriger zu verstehen: Bevor wir einen Holzbalken oder ein Brett verwenden wollen, muß ein Baum erstmal 100 Jahre im Wald stehen und dann muß er noch gefällt, gesägt, verarbeitet werden. »Wenn es daher möglich ist, das Holz von vornherein so wachsen zu lassen, daß es schon während seiner Entwicklung Wände bildet, und wenn diese Wände in Form von Bauwerken gezogen werden, dann würde man den eben geschilderten Umweg ersparen und hier schon ganz junges Holz für Bauzwecke verwendbar machen. Hierin würde eine Zeitersparnis von Jahrzehnten zu erblicken sein, und schließlich würde nicht nur an Forstarbeit, sondern auch an Bauarbeit gespart werden können. Das wäre ein volkswirtschaftlicher Vorteil ...« Die Verwachsungskraft der Natur: Da die Verwachsungskraft zentral wichtig für die Bauausführung ist, soll sie noch etwas genauer dargestellt werden. Zwei Äste der selben Baumart können zusammenwachsen, sobald eine Bedingung erfüllt ist: Die zum Verwachsen vorgesehenen Baumteile müssen fest und dauerhaft aneinander gedrückt werden. Beim weiteren Wachstum passen sich die zwei Teile aneinander an und verwachsen zu einer untrennbaren Verbindung. Dieses Phänomen ist bei Wurzeln ganz selbstverständlich, denn hier hält das schwere Erdreich die Wurzeln unverrückbar zusammen bis sie verwachsen sind. Deshalb ist es auch keine Baumquälerei, diese unterirdische Bedingung auch bei den oberen Trieben nachzuahmen. Allgemein lassen sich jüngere Triebe leichter verwachsen als ältere. Baumarten mit dicker Rinde (z. B. Kiefer (Pinus spp) haben es schwerer; In hartnäckigen Fällen kann hier ein beidseitiges Anschneiden der Rindenoberfläche weiterhelfen. Jedoch ist es klüger, die Baumarten zu verwenden, die diesen Vorgang von sich aus gerne mitmachen. Zu nennen sind hier im besonderen: Rotbuche (Fagus sylvatica), Hainbuche (Carpinus betulus), Weide (Salix spp.) und Platane (Platanus x acerifolia). » Für trockene Böden verwendet man alsdann vornehmlich die Weißerle, für nasse die Roterle. Außerdem kommen für mittlere Böden an guten Holzarten hauptsächlich folgende in Betracht: Ahorn, Birke, Eiche, Pappel, Ulme, Weide. Für mildere Lagen auch echte Kastanie, Platane und Walnuß.« Flächenbildung aus lebendem Holz: » Von der Heckenpflanzung unterscheidet die Naturwandpflanzung sich durch zwei Punkte. Erstens verwendet man zu Hecken meistens Gehölze mit schwachem Wachstum, während man zur Naturwand möglichst starkwachsende Baumarten nimmt. Ferner werden die Heckenpflanzen viel und stark gestutzt, damit sie recht kraus und buschig werden. Bei Bäumen dagegen, die die Naturwand bilden sollen, schneidet man die Seitenzweige fort und läßt die Spitze frei wachsen.« Die so entstehenden schlanken Triebe können in der blattlosen Zeit im Winter verflochten werden. Zu beachten ist, daß die Äste nicht zu flach eingearbeitet werden dürfen, weil sonst die Triebspitze leicht abstirbt. Um ein Lösen des Flechtwerkes zu verhindern und ein gegenseitiges Scheuern der Äste zu unterbinden, muß mit Schnüren, Ruten, Nägeln oder Schrauben das Gitter fixiert werden. Dann drücken die Rinden gegeneinander, ohne sich zu bewegen, und beginnen innerhalb der nächsten Jahre zu verwachsen. »Dadurch entstehen dann Maschen, die als vollständig geschlossene Rähmchen von dünnen Rundhölzern zu betrachten sind. Wenn die Hölzer, die die Rahmen bilden, so dick geworden sind wie die Masche groß ist, dann muß [...] die Masche zugewachsen sein. [...] Sobald aber die Maschen zugewachsen sind ist aus dem offenen Geflecht eine geschlossene Holzwand entstanden. « So einfach es klingt, ist es aber doch nicht. Das verwachsene Gitter ist statisch sehr stabil, und da lebende Bäume immer genau da dicke Jahresringe bilden, wo die Belastung am größten ist, wird sich genau da, wo wir Holz haben wollen, nur langsam etwas bewegen. Zuwachsen der Maschen: Die Zeitdauer des Zuwachsens hängt von zwei Punkten ab: Erstens von der Größe der Maschen und zweitens von der Wuchsleistung der Bäume. Eine einfache Methode, die Maschen zu verkleinern, ist das Einflechten von neuen Jungtrieben. Wenn seitlich an der zukünftigen Wand neue Äste entstehen, werden sie möglichst direkt in die Maschen eingeflochten. Dabei ist zu beachten, daß immer der letzte halbe Meter des Jungtriebes unverflochten bleibt, damit er genügend Licht bekommt und nicht abstirbt. Die nötige hohe Wuchsleistung entsteht durch fachgerechte Sortenanpassung an den Standort, genügend Nährstoffe und Wasser, und eine üppige Belaubung. Im besonderen spielt dabei das Wasser eine entscheidende Rolle. Da die Bäume sehr dicht nebeneinander stehen, benötigen sie in den ersten Jahren, speziell bei Trockenheit, eine gezielte Unterstützung. Am einfachsten pflanzt man dazu die Wand in eine kleine Rinne. Allerdings darf man des Guten auch nicht zu viel tun. Also ist es in Dürrezeiten ratsam, nur maximal jeden dritten Tag den Graben unter Wasser zu setzen. Wer sich etwas mehr Mühe machen will, legt diese Vertiefung 50 bis 100 Zentimeter außerhalb des Naturbaus an. Denn dort sollen die Wurzeln hinwachsen, und Wasser ist dazu die beste Animation. Außerdem kann sonst in ungünstigen Fällen beim Pflanzen in einer Rinne der Wurzelansatz verfaulen, was beim Gießen auf Abstand nicht passiert. Auf alle Fälle sollte direkt bei der Pflanzung das Erdreich an den Wurzeln fest angetreten und mit viel Wasser eingeschlämmt werden, da sonst Hohlräume an den Wurzeln entstehen, die das Anwachsen extrem beeinträchtigen. Die Raumbildung: »Um aus solchen Wänden Räume zu schaffen, hat man sie winklig zueinander zu stellen.« Nun, das ist ja schon beinahe lächerlich! Sicherlich ist es auch machbar, exakte rechteckige Grundrisse anzulegen. Ich liebe jedoch runde und geschwungene Formen. Denn die weichen jungen Baumtriebe ermöglichen ja auch fließende Linien viel besser als andere Baustoffe. Und wer hat schon mal einen eckigen Baum gesehen? Jetzt möchte ich aber nicht zu sehr polemisch werden, denn winklige Grundrisse haben auch ihre Vorteile. Doch sollte gerade beim Naturbauverfahren intensivst über den Grundriß nachgedacht werden. Einerseits muß es zu der Pflanze passen, und andererseits sind gepflanzte Wände dazu gedacht an Ort und Stelle alt zu werden. Also ist der Grundriß über 50 Jahre und mehr nicht mehr änderbar! Wie können wir damit umgehen? Bei üblichen Häusern wird der Grundriß auch selten geändert. Sollen wir also einen erfahrenen Architekten fragen? Das hilft nicht viel weiter, denn diese Berufsgruppe hat üblicherweise kaum Ahnung von lebenden Pflanzen, und deren Planungsgedanken basieren auf üblichen Wohnvorstellungen. Bei unseren Naturhäusern ist aber einiges anders. Zum Beispiel ist der Raum erst in circa zehn Jahren nutzbar. Macht es dann jetzt Sinn, zu überlegen, welchen Schrank ich wohin haben will? Nein, woher kann ich denn wissen, welche Wohnvorstellungen ich dann habe? Beziehungsweise will dann vielleicht jemand anderes darin wohnen, weil meine Lust am Forschen mich woanders hin gebracht hat? Also was tun? Die Raumgrößen sollten in erreichbaren Zeiträumen überdachbar sein. Das bedeutet einen Durchmesser von maximal 5 bis 6 Meter. Die Art und Lage der einzelnen Zimmer sollte verschiedene Klimazonen schaffen und dabei multifunktional gestaltet sein. Das läßt sich am einfachsten erreichen, indem mit Sägemehl der geplante Grundriß markiert wird und dann einen Monat lang alle erdenklichen Lebenslagen darin durchgespielt werden. Sobald unbrauchbare Formen entdeckt sind, wird der Grundriß verbessert und in kurzer Zeit haben wir einen mehrfach optimierten Plan in Originalgröße. Zur Pflanzzeit im Herbst oder Frühling wird dann der Pflanzgraben entlang der gefundenen Grundrißlinien spatentief ausgehoben. Je dichter die Bäume gepflanzt werden, umso schneller schließt sich die Wand. Ich setzte üblicherweise, pro Meter Wand, 10 Stück nach rechts geneigt und 10 nach links. Das sind dann 20 Bäume pro Meter Wand, und -die kleinen rautenförmigen Maschen des Flechtwerkes haben eine Größe von 10 mal 10 Zentimeter. Beim Pflanzen wird im Bereich der geplanten Eingänge einfach kein Baum gesetzt und als Türpfosten ein senkrechter Baum mit eingeflochten. Für die Fensteröffnungen brauchen wir etwas mehr Geduld, denn dazu sollte das Gitter schon an den Berührungspunkten der einzelnen Äste verwachsen sein. Sobald dies der Fall ist, kann sehr einfach das gewünschte Fenster herausgeschnitten werden, ohne das gesamte Gefüge der Wand zu beeinträchtigen. Allerdings ergibt diese Herangehensweise rautenförmige Fenster, was sicher gewöhnungsbedürftig ist aber einfach viel besser zum lebenden Naturbau paßt. Die Dachbildung: Nachdem nun der Grundriß gefunden, die Bäume gepflanzt, geflochten und angewachsen sind, geht es zur nächsten Etappe: Das Schließen des Daches. Beim jährlichen Verflechten der Neutriebe kann direkt der Übergang in das Dach geflochten werden. Als Flechthilfe dienen einfache Gerüste aus Holzlatten, die in der gewünschten Dachform montiert werden. Zu beachten ist, daß das Dach nicht zu flach geformt wird, weil sonst die Bäume an der Dachkante neu austreiben und der First abstirbt. Bei runden Räumen gibt es noch die Möglichkeit, einen Ring aus langen abgeschnittenen Ruten zu binden, ihn innen an der Dachkante zu montieren, und dann die darüber wachsenden Äste mit Schnüren zusammenzubinden. Die Schwierigkeit dieser Verfahren liegt in der Notwendigkeit eines Arbeitsgerüstes für die Flechtarbeiten. Bei Lauben für Kinderspielplätze ist das selbstverständlich nicht nötig, aber sobald wir eine Raumhöhe von zwei Metern und mehr erreichen wollen, geht es ohne Leitern und Gerüste nicht mehr. Ein anderer, möglicherweise einfacherer, Weg ist es, die für die Dachbildung bestimmten Zweige einige Zeit lang wachsen zu lassen. Dann werden diese schon etwas stärkeren Triebe zusammengeführt und am First miteinander verbunden. Zwischen diese Dachsparrenäste lassen sich dann leicht die Neutriebe einflechten, so daß wir auch hier eine lebende Holzfläche erzielen. »Bei der letzteren Art der Dachbildung haben die Zweige aber an der Stelle, wo sie gebogen werden müssen, schon eine bedeutende Stärke. Das Biegen läßt sich nicht mehr an einer bestimmten Stelle durchführen, und so entsteht dann kein Dach in der üblichen Form, sondern ein Gewölbe, das sich allerdings auch gut als Dach eignet. Wenngleich neue Erfindungen auch neue Formen bedingen, so entsprechen diese doch meistens nicht den eingebürgerten Schönheitsbegriffen, ...« An diesem Zitat ist zu erkennen, daß Arthur Wiechula immer wieder die Akzeptanz der Bevölkerung erlangen wollte. Doch glaube ich , daß es im Besonderen in diesem Fall eher negativ wirkt, sich an die üblichen Vorstellungen anzubiedern. Die Art, wie ein Naturbau wächst, ist so grundlegend anders als das »bekannte Bauen, daß hier ein völlig neuer Schönheitsbegriff eingeführt werden mußte. Und gerade an dieser Stelle sollten wir es uns nicht nehmen lassen, Gewölbe, runde Wände und spontan entstehende Ausbuchtungen als schöne Zeichen dieser Bauweise zu verwirklichen. Die weitere Entwicklung lebender Naturhäuser Sobald die letzten Löcher im Dach zugewachsen sind, ist das Haus eigentlich fertig. Aber lebendes Holz wächst weiter, auch wenn wir jetzt das Wachstum nicht mehr brauchen. Hier zeigt sich sehr deutlich die Andersartigkeit lebendiger Häuser: Sobald übliche Bauten fertig sind, beginnen sie zu verfallen und müssen regelmäßig renoviert werden. Das Naturhaus braucht etwas länger bis es benutzbar ist, aber dann geht es noch lange nicht dem Verfall entgegen. Vielmehr produziert es Holz, Blätter, vielleicht auch eßbare Früchte, und ändert sein Aussehen im Lauf der Jahreszeiten. Erst viele Jahrzehnte später stirbt auch ein Naturhaus einmal ab und ist dann wie ein massiv gewachsenes Blockhaus auch noch einige Jahre von Bestand. Doch möchte ich vorerst beim Wachstumsprozeß bleiben: Jedes Jahr bilden sich neue Jahresringe im Holz. Dabei wird jeder einzeln stehende Baum immer stärker. Also werden unsere Wände auch immer dicker! Das ist kein weiteres Problem, denn das läßt sich leicht im Grundriß berücksichtigen, indem die Räume eben etwas größer angelegt werden. Sobald aber das Dach geschlossen ist, möchte sicher jemand zum Probewohnen einziehen und es würde stören, wenn dann der Raum immer kleiner wird. Das läßt sich allerdings leicht regulieren, indem der Dachauswuchs eingeschränkt wird. Dadurch verringert sich die Blattmasse, die Photosyntheseleistung und dadurch werden die Jahresringe schwächer. Die nützlichste Art ist dabei das regelmäßige Ernten von Brennholz oder Flechtruten. Allerdings darf nicht zu nah an der Dachoberfläche geschnitten werden, weil sonst an der Schnittstelle leicht ein Loch ins Dach faulen kann. »Man kann aber auch in bestimmten Reihen und Zwischenräumen Zapfen von 10 bis 50 Zentimeter stehen lassen, und in kurzer Zeit werden die Triebe nur noch an diesen Zapfen erscheinen, so daß dann unmittelbar an der Dachfläche keine Wunden mehr entstehen. [...]Das [... ist in allen Fällen, in denen das Holz länger als ein Jahr auf dem Bau stehen bleibt, unbedingt notwendig. « Ich möchte aber dringendst empfehlen, den Grundriß groß genug zu wählen, damit eine frei entwickelte Baumkrone mit entsprechend geringem Pflegeaufwand möglich ist. Ob die fertigen Wände wirklich auch nach innen weitere Jahresringe bilden, ist allerdings in den Fachkreisen noch umstritten. Ich vermute, daß es genauso gut sein kann, daß im Innenraum das Wachstum aufhört. Denn der Saftfluß der Blätter der Baumkrone fließt wahrscheinlich nach dem vollständigen Verwachsen der Wand- und Dachflächen nur noch auf der Außenseite des Bauwerks. Als wir eines Tages über diese Frage diskutierten, überraschte mich der Gärtner und Diplom-Permakultur-Designer Harald Wedig, NL-Swalmen, mit der Vorstellung von größer werdenden Innenräumen. Er vertrat die Meinung, daß die fertigen Wände nur noch außen neue Jahresringe bilden und innen Schicht für Schicht absterben. Dann sei es nach einigen Jahrzehnten möglich, im Innenraum etwas Kernholz abzuhobeln, um den Raum zu vergrößern. Es ist dann auch denkbar, daß direkt ins gewachsene Holz Wandfächer oder Regale geschnitzt werden können. Allerdings erwachsen die Wände ohne gleichbleibende Maserrichtung, ähnlich dem bekannten Wurzelholz, und das Hobeln oder Schnitzen wird daher sehr schwierig sein. Weiterhin muß selbstverständlich das Holz nach dem Bearbeiten noch mit Leinöl oder ähnlichen Lasuren geschützt werden. Diese weitreichenden Überlegungen haben sicherlich ihren Sinn. Doch scheint es mir jetzt erst einmal interessanter, zu beschreiben, was sich mit der Naturbauweise alles so machen läßt. Natürliche Blitzableiter: An was Arthur Wiechula nicht alles gedacht hat! Einzelstehende Naturhäuser auf freiem Felde benötigen selbstverständlich einen Blitzschutz, sonst könnten wir uns in so einem Bau ja nicht wohl fühlen. Die Lösung ist gleichzeitig trivial und genial. Er empfiehlt auf mindestens drei Seiten im Abstand von 30 bis 50 Metern Pappeln zu pflanzen. Da alle Bäume des Naturhauses durch den Flechtvorgang in ihrer Höherentwicklung leicht gebremst werden, wachsen die Schutzbäume schneller. Ich empfehle für diese lebenden Blitzableiter die Säulenpappeln Populus nigra >Italica<, oder Populus x berolinensis. Türen und Fenster: Selbstverständlich benötigt ein Naturbau auch Öffnungen für Licht und Luft. Und eine auch zum Ein- und Ausgehen ist natürlich auch unabdingbar. Nur, wie kann so etwas konstruiert werden? Lebende, durchsichtige Membranen, die wir als Fenster verwenden können, sind mir leider noch unbekannt Und gewachsene Wandflächen, die sich durch Streicheln krümmen, und dadurch einen Zugang öffnen, müssen auch erst noch entwickelt werden. Vorerst müssen wir uns also mit den herkömmlichen Fenstern und Türen begnügen. Dabei stellt sich die Frage, wie wir diese Bauelemente mit den lebenden Holzwänden verbinden können. Sobald in dem für das Fenster vorgesehenen Bereich die verflochtenen Äste zu einem Gitter verwachsen sind, kann die Arbeit beginnen. Wir sägen genau die Form und Größe, die wir uns für den Durchbruch wünschen, aus dem Flechtwerk. Durch die Lage der einzelnen Äste ergeben sich auf der Spitze stehende Rauten, oder hochovale Öffnungen. Rechteckige, querliegende Fenster können auch eingepaßt werden, doch muß dann die Gitterwand vorher durch entsprechendes Flechten darauf vorbereitet sein. Nachdem wir nun ein Loch in dem Flechtwerk haben, müssen wir einen stabilen Holzrahmen einpassen. Dazu bedarf es Holzbalken von mindestens 5 bis 15 Zentimeter Stärke, denn sie müssen den gesamten Druck der größer werdenden Jahresringe abfangen. Das besondere an dieser Arbeit ist das Befestigen von dreieckigen Kantleisten auf der Außenseite dieses Rahmens. Durch diese Leisten kann der Rahmen nicht mehr aus der Öffnung herausfallen, und das lebende Holz verwächst an der Außenseite dieser Hölzer zu einer stabilen, fugenlosen Verbindung. Während der ersten Zeit dieses Vorganges kann die Wuchskraft des lebenden Holzes den Rahmen etwas verformen. Da vorerst die Wand ja noch ein Gittergeflecht ist und wir die schließbaren Fenster jetzt noch nicht brauchen, stört uns das nicht weiter. Das Glasfenster wird dann erst später eingesetzt, sobald der Raum genutzt werden soll. Wenn dann, nach vielen Jahren der Benutzung, der Fensterrahmen verrottet, kann er leicht aus der lebenden Holzwand entfernt werden. Ein neuer Holzrahmen mit neuen Dreikantleisten wird dann wieder einige Jahre überdauern können. Bei Türen verfahren wir genauso wie bei den Fenstern. »Der Rahmen muß auch bei Türen [...] einen vollständigen Ring abgeben, so daß die oberen drei Teile mit der Schwelle zusammen den geschlossenen Rahmen bilden.« Denn sonst kann es leicht passieren, daß die stärker werdenden Wände die Türbalken unten zusammendrücken. Wer diese Art von eckigen, toten Holzkonstruktionen unpassend findet, kann natürlich auch die Wanddurchbrüche mit Stoffen, Planen und Folien verschließen. Der Phantasie sind hier generell keine Grenzen gesetzt. In der praktischen Ausführung begrenzt jedoch die Biologie der Bäume die Gestaltungsmöglichkeiten doch etwas. Wenn die Holzrahmen fehlen, die den Wachstumsdruck abfangen, wird der Naturbau genau an diesen Löchern verstärkte Jahresringe produzieren, um diese statischen Lücken zu füllen. Sehr plastische Darstellungen dieser Verhaltensweise von Bäumen bei ihrem Wachstum fand ich in der Schrift von Claus Mattheck (siehe Literaturhinweis). Die Lektüre dieses Buches kann ich zum Verständnis dieser Thematik sehr empfehlen. Wenn wir trotzdem ohne Holzrahmen einen Wanddurchbruch formen wollen, müssen wir die statischen Verhältnisse berücksichtigen und beispielsweise um das Fenster herum die Wandäste nach außen stülpend verflechten und verwachsen lassen. Durch diese Verstärkung sinkt in diesem Bereich die sogenannte Rindenspannung und das Bauwerk tendiert nicht mehr zum gezielten Zuwachsen der Öffnung. Als Schlußbetrachtung über das Buch »Wachsende Häuser aus lebenden Bäumen entstehend« verwende ich das Zitat des Autors, das mir vor ein paar Jahren den Antrieb gab, mit meinen eigenen Aktivitäten zu beginnen: ».... hauptsächliche [...] Hinderungsgründe [...] die Dauer der Herstellung. Um sich die erforderliche Zeitspanne am eigenen Leben klar zu machen, braucht man nur einmal rückwärts zu schauen und sich das letzte Jahrzehnt zu vergegenwärtigen. Wie schnell ist es dahingegangen! Ja, hätte man damals vor zehn Jahren mit der Arbeit begonnen, dann könnte heute das Haus schon fertig dastehen. Dasselbe aber kann man sich nach weiteren zehn Jahren sagen, wenn man nicht jetzt sofort noch in diesem Jahr damit beginnt. Für jeden Sommer, den man jetzt bei der Anlage versäumt, verliert man später in der Benutzung ein ganzes Jahr« Für mehr Infos und Bilder folge man diesem Querverweis, dessen Seite ich diese Informationen entnommen habe: http://www.horstweyrich.de/naturbauten.html Es lohnt sich. Persönliche Meinung: Wenn man davon absieht, daß die Bäume auf eher unnatürliche Art und Weise wachsen, finde ich die Vorstellung einen Wald als Großstadt zu haben ziemlich gemütlich. Fast wie im Märchen. Re: Organische und anorganische Architektur - THT - 20.04.12011 Ist eine Überlegung wert. Danke. Re: Organische und anorganische Architektur - Alexis - 21.04.12011 Zitat:Wenn man davon absieht, daß die Bäume auf eher unnatürliche Art und Weise wachsen, finde ich die Vorstellung einen Wald als Großstadt zu haben ziemlich gemütlich. Fast wie im Märchen. Normalerweise hat der Mensch einmal genau dort, mitten im Wald, mitten unter Tieren und Pflanzen gelebt. Er war und ist Teil davon. Die kuenstlichen Menschen, von denen es immer mehr gibt, die fuehlen sich innerhalb der nicht eingezaeunten Natur aeusserst unwohl. Die benoetigen die sterile Umgebung ihrer urspruenglichen Herkunft als Wohlfuehleffekt. Hier findet man dann auch den Sinn hinter: "organischer" und "anorganischer" Wohnumgebung. Re: Organische und anorganische Architektur - THT - 21.04.12011 Nach ersten Betrachtungen fällt mir auf, daß es noch keine Referenzen für wirklich geglückte Baumhäuser gibt. Die Abbildungen auf den Querverweisen führen nur zu Testprojekten. Letztlich kann nur die Praxis zeigen, was die Theorie sich überlegt hat. Vor allem in Bezug auf den Zeitfaktor. Die 10 Jahre sind m.M. recht optimistisch. Hier ein Bild, das in etwa die Richtung anzeigt: http://3.bp.blogspot.com/_OVkKs3-4r6g/SBMwNPYBFdI/AAAAAAAAAQk/mVjkuOJgSSc/s1600-h/noname.jpg Muß noch weiter nachwühlen. Gruß Re: Organische und anorganische Architektur - Anuscha - 22.04.12011 Da muß ich an die Navi - aus dem Avatar-Film - denken. Also so ein Baumhaus (Heimatbaum), wie die da hatten, das war aller Ehren wert, und man konnte sich während des Films gut vorstellen, an einem solchen Ort zu wohnen. Re: Organische und anorganische Architektur - Hernes_Son - 26.04.12011 Den Bericht über die lebenden Naturhäuser habe ich zwar interessiert gelesen, aber ich finde es ein bißchen komisch, daß in einem solchen Haus dann Fenster, Türen und sogar Möbel eingeplant werden. Vielleicht ist das auch der Grund, warum es keine oder kaum praktische Beispiele für solche Naturhäuser gibt, denn das läßt sich nur schwer miteinander kombinieren. Wenn man in einem solchen Haus leben kann, und auch in den entsprechend wärmeren Zonen lebt, dann kann man wohl auch den letzten Schritt gehen und auf solche Dinge verzichten, und damit würden sich solche Überlegungen über Inventar vollkommen erübrigen. Wie Anuscha schon schreibt, es erinnert an den Heimatbaum der Navi, und die hatten keine Möbel dort stehen, wozu auch. Wichtig und interessant finde ich dabei aber, daß man die Möglichkeit hat, sich der Kräfte der Natur bewußter zu werden und diese auch für sich nutzen kann, um harmonischer/ausgeglichener/natürlicher zu werden und wieder lernt mit der Natur zu leben. Diese Baumhäuser sind vielleicht eine Möglichkeit, um dies zu bewerkstelligen, aber nicht für jeden durchführbar. Mithilfe der eigenen Emotionskontrolle und dem Schaffen eines harmonischen Umfeldes, mithilfe von Pflanzen und ggf. einem eigenen Garten, gibt es eine andere Möglichkeit sich Natürlichkeit/Harmonie und ein wenig Natur in die eigene Wohnstube zu holen. Welche Möglichkeiten gibt es aber über die natürliche oder sogenannte organische Architektur? Welche Symbole, welche Formen sind besonders "harmonisierend" wirkend, welche sind zu vermeiden? Welche Rolle spielt überhaupt organische Architektur, ist sie wichtig oder kann man sie vernachlässigen? Das Chr*stenkreuz ist für Disharmonien bekannt, aber da hier niemand etwas mit dieser Religion am Hut hat, kann man dies auch vernachlässigen, es dient hier nur als Beispiel, was ich überhaupt meine. RE: Organische und anorganische Architektur - Beitiris - 13.01.12012 (22.07.12009, 16:26)Wishmaster schrieb: https://www.pagan-forum.de/post-21707.html#pid21707Saxorior schrieb:Daß selbst das ungleichschenklige Kreuz durch genug harmonische Elemente ausbalanciert DAS ist richtig! Dennoch hat eine Studie gezeigt, daß weniger in Fenster eingebrochen wird, wenn sie ein Kreuz haben. RE: Organische und anorganische Architektur - Erato - 13.01.12012 So wie Wishmaster schon geschrieben hat, geht es dabei generell darum, daß ein unharmonisches Symbol keine Harmonie erzeugen kann, auch wenn man es künstlerisch verziert. Eine Narbe mit Make up verdeckt, bleibt dennoch eine Narbe und ein energetisches Störfeld für den Körper. RE: Organische und anorganische Architektur - Beitiris - 13.01.12012 Korrekt! Vielleicht hat diese Form aber unbewußte Auswirkungen (Manipulation) auf lichtscheues Gesindel in dieser ch****ianisierten Zeit? Wäre ja zu lustich...... |